Samstag, 17. Dezember 2011

"kein motiv, keine tatwaffe, keine beweise, kein gar nix..."

das sagt nun das revisionsgericht in seiner schriftliche begründung des freispruches der amanda knox. ähnliches konnte man in diesem blog schon vor 2 jahren lesen. andere vertreten diese meinung seit 4 jahren.

ebenfalls angesprochen werden in der urteilsbegründung die unglaublichen fehler, inkompetenzen und das klar rechtswidrige verhalten der ermittlungsbehörden. es gab druck, vielleicht sogar schläge, kein anwalt, kein übersetzer, ein "exzessives" verhör 17 stunden am stück, insgesamt 45 stunden in wenigen tagen, durchgeführt von 12 polizisten und ermittlern. dazu psychologischer druck, auf eine 20jährige austauschstudentin ohne sprachkenntnisse.

bezüglich des vorwurfs, die beamten hätten die verdächtige geschlagen (ein vorwurf, der zur verurteilung der eltern der knox wegen "verleumdung der polizei" führten), meldet sich nun ein weiterer der damaligen verdächtigen zu wort, patrick lumumba:

PATRICK LUMUMBA ACCUSING THE POLICE

Daily Mail, 15.12.2011

At 6.30am on Tuesday, November 6, the bell to his fourth-floor flat in the town buzzed insistently and a woman's voice outside demanded he opened the door.
He had barely had time to do so when the woman, assisted by, Patrick estimates, 15 to 20 others, barged their way in.

"They were wearing normal clothes and carrying guns," he says. "I thought it must be some sort of armed gang about to kill me. I was terrified.

"They hit me over the head and yelled 'dirty black'. Then they put handcuffs on me and shoved me out of the door, as Aleksandra pulled Davide away, screaming."

He was greeted outside by a convoy of seven police cars, sirens blazing, and driven to Perugia's police station, where he was subjected to a ten-hour interrogation.

"I was questioned by five men and women, some of whom punched and kicked me," he claims. "They forced me on my knees against the wall and said I should be in America where I would be given the electric chair for my crime. All they kept saying was, 'You did it, you did it.'

"I didn't know what I'd 'done'. I was scared and humiliated. Then, after a couple of hours one of them suggested they show me a picture of 'the dead girl' to get me to confess.
"It might sound naive, but it was only then that I made the connection between Meredith's death and my arrest. Stunned, I said, 'You think I killed Meredith?'

"They said, 'Oh, so now you've remembered' and told me that if I confessed I'd only get half the 30-year sentence." It wasn't until 5.30pm that, still handcuffed and unfed, he was shown the evidence against him, a statement from Amanda saying that on the night of November 1 he had persuaded her to take him back to the house she shared with Meredith and two others.


an dieser stelle sei erinnert, dass er natürlich total einfach wäre, die unsäglichen vorwürfe aus der welt zu räumen, denn nach italienischem gesetz müssen ALLE verhöre von verdächtigen aufgezeichnet werden, in der regel in ton und bild.

im prozess wurden die bänder seinerzeit vom gericht angefordert, aber die ermittler mussten zerknirscht feststellen, dass die bänder gelöscht waren, bzw dass man "vergessen" hatte, welche anzufertigen.

insofern bekommen diese neuen anschuldigungen ein besonderes gewicht, machen sie doch die gleichlautenden vorwürfe der knox wahrscheinlicher. und die annahme, dass diese bänder vorsätzlich vernichtet wurden, um die rechtswidrigen verhörmethoden der polizei zu vertuschen, wird dadurch ebenfalls wahrscheinlicher.

der mann, der all dies auf seiten der ermittler zu verantworten hat, zeigt dabei gerade in zweiter instanz, wie man einer haftstrafe in italien erfolgreich entgehen kann, wenn man nur die profitricks auf lager hat. die zweite instanz zeigte sich befangen, annulierte das erste urteil und verweist den fall wegen amtsmissbrauchs (in einem anderen fall) nach sage-und-schreibe 5 jahren nun in eine andere stadt. somit wird richter migini sein letztinstanzliches urteil vermutlich gar nicht mehr erleben, denn dann wäre er 90 jahre alt (und in dem alter geht keiner mehr in den knast, egal was er gemacht hat!).

Mittwoch, 14. Dezember 2011

über politisierende philosophen

über politisierende philosophen wurde hier ja schon berichtet, so dass wir heute den blick auf einen philosophierenden politiker richten können.

siegmar gabriel, uns siggi pop, darf nach habermas und schirrmacher auch mal ran, und das liest sich dann so: "Vermutlich liegt das daran, dass Europa vor geraumer Zeit in die Hände von Händlern, Ökonomen und Finanzanalysten geraten ist."

danke, das genügt. mehr braucht man nicht, um die geisteshaltung dahinter zu erkennen.

das arme, kleine, unschuldige europa - mit blauem käppchen und roten bäckchen - stapft frierend und alleine durch den wald... als es plötzlich einer horde ruchloser wegelagerer "in die hände fällt". oooch, armes ding!

und wer sind diese schurken?

der "händler", oh, nachtigall, ik hör dir trapsen! ostküste. händler. krämer. schafft keine werte, tauscht nur. und verdient dabei. ein parasit, der sich an anderer leute arbeit bereichert! schlimm!

der "ökonom". und auch ich finde: die ökonomie darf man nicht den ökonomen überlassen. ökumene geht uns alle an. wie sagte müntefering: "die wirtschaft muss für die menschen da sein. und nicht umgekehrt". und wer sowas sagt (und daran glaubt!), für den sind ökonomen schurken.

und "finanzanalysten". ja, die bösen analysten. gucken in die bücher und rechnen auch noch nach. muss man sich mal vorstellen! nicht, dass die analysten im vorfeld der finanzkrise 2008 gut gerechnet hätten, sicher nicht. aber dass die griechischen bücher frisiert waren, das wussten alle. aber irgendwie scheinen bei gabriel die "finanzanalysten" schuld an der bilanzfälschung zu sein (was übrigens bei staatshaushalten, anders als bei unternehmen, offenbar nicht illegal ist).

wie dem auch sei...

der knackpunkt liegt ja schon bei der annahme eines armen unschuldigen europachens.

was gabriel verschweigt: bevor europa so alleine durch den wald stapfte, hatte es 3 wochen non-stop party in der dorfschänke gemacht. volle pulle, runde um runde, schnaps, koks, nutten - und mit kohle nur so um sich geschmissen, kurz: eine riesensause. dumm nur, dass blaukäppchen gar keinen kohle hatte und alles anschreiben liess. und nun stehen da im wald auf einmal nicht mehr krummbeinige schlägertypen, sondern der wirt, der sein geld haben will.

jedenfalls ist die mär vom kleinen europa, "dem seine würde genommen wurde" (habermas), das gänzlich unverschuldet "in die hände von 'händlern' geraten ist" (gabriel) nun langsam abgenutzt.

wenn sich die kleine europa prostituieren muss, um ihre (party-)schulden abzutragen, dann ist sie selbst dran schuld. in der metapher wären die politiker übrigens die verblödeten, inzestuösen farmbrüder, die ihre schwester in der dorfschenke eingeführt hatten. dass die geschichte von der kleinen schwester europa nun so erzählt wird, wie gabriel das tut, ist nachvollziehbar. das lenkt ab. denn wer will sich schon fragen nach der eigenen verantwort stellen lassen? ich sicher nicht...