Montag, 13. Dezember 2010

warum alles gaaanz anders gewesen sein könnte #cablegate

ich nutze ja nur noch den tag #cablegate, wenn es um die botschaftsdepeschen geht. so kann man möglicherweise die grundsatzlich gute idee einer whistleblowerplattform wie #wikileaks trennen von dem, was dort an informationen rund um die us-botschaften veröffentlich wurde. dass letzteres aus (nicht nur) meiner sicht ein große fehler war (und warum), das kann man im vorherigen eintrag nachlesen.

je mehr ich in den zeitungen aus diesen depeschen lese, desto stärker drängt sich mir folgender eindruck auf:

die vom 22jährigen soldaten bradley manning geklauten daten müssen "gerigged" sein, also manipuliert. denn es muss jedem auffallen, dass das, was bislang veröffentlicht wurde, zum überwiegenden teil tatsächlich nur "klatsch und tratsch" ist, der den rest der welt viel dämlicher als die usa dastehen lässt (die v.a. wegen der tatsache, DASS ihnen die daten geklaut wurden, dämlich dastehen).

inzwischen rufen die financial times und die times dazu auf, assange einen orden zu verleihen, weil die informationen aus cablegate in der summe durchaus proamerikanisch stimmen und die vielen antiamerikanischen verschwörungstheorien (angeblich) widerlegen: die usa kämpfen gegen den internationalen waffenhandel, gegen die nuklearproliferation, suchen einen ausgleich im nahen osten und vertreten die interessen der golfstaaten, die weniger israel als den iran als die größte gefahr für den frieden sehen.

was wäre nun, wenn die botschaftsdepeschen tatsächlich "bereinigt" wurden und absichtlich bereitgestellt wurden? man würde sich selbst als feine nation darstellen können und gleichzeitig eine diskussion über die legitimität von wikileaks anstossen.

insbesondere die artikel, in denen vom "project vigilant" gesprochen wird, haben mich elektrisiert. welche rolle spielt die hackerszene in den usa (siehe verlinkte artikel), vor allem welche rolle spielt das video über die ermordung der reuters journalisten und weiterer zivilisten im irak im jahr 2007, darum wird es in diesem beitrag gehen...

nun kann man zum "project vigilant" stehen, wie man will. so, wie die FAZ in ihrem hintergründigen beitrag vom 3.8.2010 (skandal) oder wie die zeit vom 5.8.2010 (heisse luft). ich meine, die zeit hat recht, aber der springende punkt scheint mir zu sein, dass es - unabhängig davon, wie das kind heisst - eine denkbare möglichkeit ist, dass eine u.a. von unternehmen finanzierte gruppierung im rahmen der nachrichtendienste genau das macht: provider (und damit die bürger) ausforschen und nach verdächtigem verhalten scannen (z.b. das verschicken markierter dateien). und das bringt uns zu der frage: gab oder gibt es bestimmte files, von denen man ausgehen muss, dass interessierte kreise diese stark nachfragen würden? ja, die gibt es: und die betreffenden "gate keeper" wussten, dass zumindest die nachrichtenagentur reuters ein großes interesse daran hatte, beweise dafür zu finden, dass deren reporter im irak vorsätzlich niedergemäht wurden. was liegt also näher, dieses video - unüblicherweise - in einen "general folder" mit einem schön spannenden namen abzulegen, zu dem viele militärangehörige - eben auch manning - zugang haben.

in dem moment, wo der labile und von der army gefrustete manning dieses file anklickt und downloaded, schnappt die falle zu. nach eigener aussage war maning überrascht, dieses verschluesselte video dort zu finden. die verschluesselung war in jeder hinsicht problemlos zu knacken. wenn man aber dieses nachgefragte video dort, gewissermassen auf dem silbertablett, ablegt und nur darauf warten muss, dass es geklaut wird, dann liegt es doch nahe, auch weiteres material dort zugänglich zu machen. material, von dem man ausgehen muss, dass es, einmal in die hände eines datendiebes gelangt, am ende bei wikileaks landen würde, so wie das video. dazu passt auch die information, dass es keineswegs manning war, der kontakt zu einem hacker aufgebaut hatte, sondern manning eher passiv, von einem vermeintlichen (ex) hacker angesprochen wurde. ein ex-hacker, der vor die wahl gestellt wurde: 20 jahre knast oder mitarbeit bei den cyberschlapphüten, und sich für letztere entscheidet. das irak video war der köder. wer dieses klaut und nicht erwischt wird, der kommt wieder, um noch mehr zu holen.

und warum sollte an das machen?

kann man wikileaks "abschalten", wenn es strafrechtlich relevantes material veröffentlich, das genau diejenigen betrifft, die über gesetze entscheiden? man vergleiche den fall berlusconi, der sich mittels der lex berlusconi gegen die ermittlungen der richter schützen will. kann man gesetze ändern oder verschärfen, wenn BEWEISE für schweinereien veröffentlicht werden? nein, das kann man nicht, denn es fehlt die unterstützung der breiten masse. es wäre einfach zu offensichtlich, dass hier lediglich partikularinteressen der betroffenen geschützt werden. also muss man wikileaks dazu bringen, etwas zu veröffentlichen, das jenseits der "roten linie" liegt.

und das sind beispielsweise die botschaftsberichte. berichte, deren veröffentlichung bei vielen den eindruck erwecken, dass es unrecht ist, sie zu veröffentlichen. man braucht sich nur den seltsamen "frontverlauf" in dieser diskussion um meinungs- und pressefreiheit quer durch alle gesellschaftlichen gruppen anzusehen (wallraff dagegen, die bild dafür usw). diese dokumente haben weder beweischarakter, noch decken sie schweinereien der amerikaner auf.

diplomatie ohne vertraulichkeit ist schlechterdings nicht vorstellbar. niemand plaudert aus dem nähkästchen, wenn er weiss, dass es morgen in der zeitung steht. also manipuliert man diese botschaftsberichte, das heisst, man nimmt die einen selbst belastenden aussagen heraus (man lässt ein paar dinge drin, um die glaubwürdigkeit nicht zu offensichtlich zu zerstören, versteht sich), und schreit dann nach veröffentlichung: hey, das geht zu weit, das geht niemanden was an, das ist schädlich für alle beteiligten, während der aufklärungsgehalt gegen null geht. beweise sind diese subjektiven einschätzungen ohnehin nicht. klatsch und tratsch halt. gewiss interessant, lesenswert, sicher zum großen teil auch authentisch, aber eben bereinigt um die dinge, die einen selbst belasten. oder auch sehr enge freunde. übrig bleiben immerhin 250.000 dokumente über schiesswütige tschetschenen, plärrende nordkoreaner, schusselige europäer und waffen verschiebende syrer und iraner.

und natürlich die handhabe gegen wikileaks...

und selbst wenn man das phänomen wikileaks dadurch nicht klein kriegen sollte, so schafft man wenigstens druck auf wikileaks, nun auch geheime staatspapiere anderer nationen zu veröffentlichen. sonst macht sich wikileaks unglaubwürdig.

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