Donnerstag, 17. April 2008

gastbeitrag, weils so schön ist...

ein wirklich ausgezeichneter artikel über englische bürokratie, den parteienstreit darüber und denjenigen, die dafür bezahlen müssen...

17.04.2008 09:55

Wenn es um neue Supermärkte geht, dann entschied darüber in England bislang nicht der Einzelhandel, der Markt oder gar der Verbraucher, sondern der Staat. Für jeden neuen Supermarkt musste bislang ein “needs test” angestellt werden. Die Frage dabei lautete: “Wird dieser Supermarkt hier gebraucht oder nicht?”. Zu beantworten hatten sie nicht etwa die Unternehmen, die bei nicht gebrauchten Supermärkten riskieren, ihre Investitionen in den Sand zu setzen. Nein, es waren ein paar ungewählte Stadtplaner, die darüber befinden durften, ob nach ihrem Dafürhalten ein weiterer Laden gebraucht wird oder eben nicht.

Ein Anhaltspunkt dafür, dass es für einen neuen Supermarkt gar keinen Bedarf gibt, war zum Beispiel, dass es an dem Ort schon einen Supermarkt gab. Dieser mochte vielleicht kleiner gewesen sein als der neu beantragte Sainsbury- oder Tesco-Markt - und höchstwahrscheinlich auch teurer - aber darauf kam es nicht an. Allein die Tatsache, dass die örtliche Bevölkerung bei diesem alteingesessenen Supermarkt einkaufte, schien doch auch eine besondere Verbundenheit zu diesem Laden zu demonstrieren. Dass viele bislang nur mangels Alternative bei kleinen, teuren Märkten mit geringer Auswahl ihren Bedarf gedeckt haben, wurde dabei geflissentlich übersehen.

So konnten die Stadtplaner bisher nach eigenem Gutdünken bestehende Einzelhandelsgeschäfte vor Konkurrenz schützen, und die Rechnung zahlten am Ende die Verbraucher. Doch nach dem Willen der Labour-Regierung sollte damit bald Schluss sein, denn nach Jahrzehnten hatte man beschlossen, den “needs test” abzuschaffen. In Zukunft sollten Unternehmen nach eigenem Ermessen entscheiden können, wo sie neue Geschäft eröffnen wollten, und dann wäre es allein der Markt (also die Verbraucher), der am Ende darüber urteilt, ob es erfolgreich ist oder nicht.

Aber noch gibt es Hoffnung für kleine, ineffiziente und teure Geschäfte, die Angst vor dem Wettbewerb haben. Und die Hoffnung hat einen Namen: David Cameron. Der Chef der oppositionellen Konservativen stellte sich gestern persönlich hinter eine Kampagne, den “needs test” nicht abzuschaffen. Es ginge darum, kleine Geschäfte vor der Konkurrenz der großen Supermärkte zu beschützen, und dafür sei der “needs test” unbedingt erforderlich. Das demonstrierte Mr Cameron, indem er sich beim Kaufen einiger italienischer Bohnen in einem Feinkostbioladen ablichten ließ.

Doch genau das ist das Problem. Wer es sich wie Mr Cameron leisten kann, handverlesene italienische Biobohnen zu kaufen, dam kann es herzlich egal sein, ob es in der Nachbarschaft einen neuen Tesco gibt, der das Kilo Kartoffeln für 20 Pence anbietet. Wer hingegen weniger verdient als der Parteichef der Opposition ihrer königlichen Majestät, der hat wahrscheinlich andere Sorgen. Und da wäre vielleicht auch ein neuer Tesco (Slogan: “Every little helps.") durchaus eine Hilfe.

In einer Zeit, in der auch die Briten unter steigenden Lebensmittelpreisen leiden, hat sich der Oppositionsführer somit an die Spitze einer Kampagne gestellt, die dafür sorgen will, dass die Preise im Einzelhandel nicht fallen. Und während die in vielerlei Hinsicht semi-stalinistische Labour-Partei eine kleine Deregulierung vorschlägt, kämpfen die Tories für den Erhalt des Status Quo.

Vielleicht sollte man demnächst einmal einen “needs test” für Oppositionspolitiker einführen. Every little helps.




Da gibts eigentlich nur eins! Mindestlohn erhöhen. Kost ja nix...

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